Die sieben Gaben des heiligen Geistes

Liebe Menschen in Vlotho,

die mittelalterliche Kirche hat aus der Bibel (z.B. Jesaja 11,2) „die sieben Gaben des Heiligen Geistes“ abgeleitet und in eine Reihenfolge gebracht: Weisheit, Einsicht, Rat, Erkenntnis, Stärke, Frömmigkeit und Gottesfurcht. Manche von diesen Gaben klingen ganz lebensnah und alltagstauglich. Aber auch die, bei denen das auf den ersten Blick vielleicht nicht so ist, wollen Gaben für jeden Tag sein und uns helfen, auch in schwierigen Zeiten zuversichtlich zu bleiben. Das Pfingstfest ist das Fest des Heiligen Geistes. Vielleicht können wir seine Gaben in diesem Jahr ganz besonders gut gebrauchen.

Mit herzlichen Pfingstgrüßen, Ihre Pfarrerin Christine Hö

Die Weisheit

Vor allem anderen sei sie erschaffen worden, heißt es in der Bibel (Sprüche 8,22-31). Sie sei Gottes Liebling gewesen, habe vor ihm gespielt und ihre Lust gehabt an der Welt. Und sie ist wohl auch der Grund dafür, dass wir Menschen die Schöpfung begreifen können, ein wenig.

Nicht für einfache Antworten geschaffen, misstraut sie allem, was sie begrenzt. Sie setzt aufgeregtem Geschrei ihre Nachdenklichkeit entgegen. Leichtfüßig und weitherzig setzt sie uns auf die Spur des Glücks.

„Weisheit“ hat etwas mit dem „Wissen“ zu tun, das wir unser Leben lang erwerben, und mit der „Gewissheit“, dass all das ein Ziel hat. 

Die Einsicht

Sie ist ein Teil von uns. Unsere innere Stimme.  Oft hält sie sich im Hintergrund. Kein Wunder – nicht immer passt das, was sie uns zu sagen hat, in unsere Pläne.

Aber unterschätzen wir sie nicht! Wenn wir auf sie hören, dann können wir dazulernen, uns entwickeln. Können lernen, uns veränderten Lebensumständen anzupassen.

Die Einsicht ist die kleine Schwester des Gewissens. Sie kann uns helfen, auch in schweren Situationen unseren eigenen Weg zu finden.

Der Rat

"Ratschläge sind auch Schläge“, sagt man. Manchmal stimmt das. Und wir müssen unsere Entscheidungen sowieso selbst verantworten, das kann uns niemand abnehmen.

Aber nicht alle Ratgeber sind Besserwisser. Zum Glück gibt´s die klugen. Und was hindert uns, einfach auch mal zuzuhören? Auch andere haben Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse. „Authentizität“ steht zurzeit hoch im Kurs. Das muss ja nicht heißen, sich für den Mittelpunkt des Universums zu halten …

Das alte Wort „raten“ hat auch etwas zu tun mit der Fähigkeit, sich um etwas zu kümmern, für etwas zu sorgen. Vor-rat anzulegen. Die Gabe des Rates kann uns helfen, selbst hilfreich zu sein.

Die Erkenntnis

Wir haben sie vom Paradiesbaum gepflückt. Schön und gefährlich ist sie, weil sie alles verändern kann. Aber sie ist auch der Schlüssel zur Freiheit, zur Verantwortung und zur Vernunft.

Und doch bleibt sie „Stückwerk“, ein „dunkles Bild“ (1. Korinther 13). Wenn wir das im Hinterkopf behalten, kann es uns helfen, ungewohnte Entscheidungen zu wagen, uns mögliche Fehler zu verzeihen und anderen mit Respekt zu begegnen.

Ihre wichtigste Gefährtin ist die Liebe.

Die Stärke

Sie wird öfter mal verwechselt mit Laut-stärke … Aber das, was sich selbst stark nennt, ist oft nur zu schwach, um sich zu seiner Schwäche zu bekennen.

Die Stärke finden wir manchmal unerwartet. Zum Beispiel in dem hauchdünnen Faden aus Spinnenseide. Viermal so hart wie Stahl. Und dennoch um das dreifache dehnbar. Flexibel.

Wahre Stärke hat die Fähigkeit, sich auf neue Situationen einzustellen. Sogar auf unangenehme. Dann begegnen wir ihr, wo wir sie nicht gesucht haben: in zurückhaltender Freundlichkeit, in Geduld mit anderen, in Fürsorge und Gelassenheit.

Die Frömmigkeit

Sie wirft sich nicht stolz in die Brust. Vielleicht war das früher manchmal so. Gut, dass wir niemandem mehr etwas beweisen müssen!

Frömmigkeit bedeutet Übung. Wir wissen: der Heilige Geist weht, wo er will (Johannes 3,8). Aber die Frömmigkeit versucht, die Kontaktfläche zu vergrößern. Und dann wartet sie ab, was passiert. Lässt sich überraschen.

Sie zeigt sich als Geduld mit uns selbst. Als das Vertrauen, dass unser Leben einen Sinn hat. Sie geht uns unter die Haut. Nachts flüstert sie uns Trost zu. Sie ist im Atem, der kommt und geht.

Die Gottesfurcht

Nicht Angst. Aber Ehrfurcht. Respekt. Staunen und Schauern. 

In einer Sommernacht auf einer Decke liegend in den Sternenhimmel schauen. Sich erzählen lassen, wie groß das alles ist, fast unendlich. Und alles das in Gottes Hand. Größe, die wir nicht verstehen, aber erleben können.

Weite, die uns zuerst schwindlig werden lässt und dann befreit. Wissen, das nichts abspaltet und nichts vergisst.

Liebe, in die ich mich fallen lassen kann. Einen noch so kleinen, noch so endlichen Platz haben in der ewigen Gegenwart.